Die Mauer ist weg – Trabis los!
Archiv der Kategorie: Gesellschaft
Am 09. November ist es leicht, das passende T-Shirt auszuwählen.
Charlie Hebdo-Ausgabe der Überlebenden
Heute ist die neueste Ausgabe (die erste nach dem Anschlag von Paris) des Satire-Blattes Charlie Hebdo erschienen. Das Titelbild zeigt vielleicht den Propheten, der (zurecht) weint, und trotz dieser neuerlichen „Sünde“ zeugt es von einer großartigen Haltung der Überlebenden der Barberei. Im Angesicht des Grauens die Größe zu haben, nicht blinde Rache zu wollen, sondern einfach weiterzumachen und sogar die Hand zur Vergebung auszustrecken hat Größe. Auch wenn Konsorten wie der Großmufti von Ägypten sich das in ihrer kleinen Welt nicht vorzustellen vermag. Hoffen wir mal, dass er nicht gleich die nächste Fatwa aus dem Turban zaubert
Hoffentlich kann ich ein Exemplar der Ausgabe ergattern, in Deutsch. Mein Französisch ist leider nicht auf einem der Satire angemessenen Niveau Von Nicht-Zeitung Bild bis TAZ wird ja kolportiert, dass die Ausgabe in 16 Sprachen übersetzt unter anderem auch in Deutschland vertrieben werden soll. Allein, ich glaube es erst, sobald ich sie in meiner Hand halte. Wobei Englisch ja reichen würde…
Wider dem Populismus der Prostitutionsgegner
In einem Online-Boulevard-Magazin wurde heute ein Interview mit dem Prostituionsgegner Hans Broich (vermutlich zur sensibilisierung) veröffentlicht. Der Interviewte ist seineszeichens Mitglied bei einer Organisation Zéromacho, junger Student der Gartenbauwissenschaften und in der Organisation bestens aufgehoben, ist er doch ein Nullnummer (wegen null Argumenten) mit einer anti-liberalen Attitüde, die eher in (zum Glück) vergangene Zeiten in Deutschland passt. Die Organisation Zéromacho ist ein ideales Beispiel für die neuen Wutbürger, die laut schreien, aber eine Minderheit repräsentieren, hat sie doch weltweit grandiose 2209 Mitglieder. Im Folgenden eine kurze Auseinandersetzung mit seinen „Argumenten“, die den Populisten entlarven wird.
Direkt zum Fazit: tl;dr
Zur Erinnerung: Broich befürwortet die Einführung eines Verbots für Freier, inklusive einer Strafe. Solche Regelungen gibt es bereits in Schweden, in Frankreich demnächst und die EU berät darüber, solche Gesetze europaweit einzuführen. Der Haupt-Tenor dieser Sichtweise ist, dass Frauen dadurch geschützt würden, z.B. vor Vergewaltigungen. Sein erstes Argument ist immerhin schonmal inhaltlich richtig, wenn er behauptet „Ohne Nachfrage keine Prostitution„. Das ist aber leider eine Tautologie, wenn man annimmt, dass im Falle der Nachfragelosigkeit nicht die Freier zu Sex gezwungen würden. Damit das Argument überhaupt gezählt werden kann, muss außerdem vorausgesetzt werden, dass Prostitution generell schlecht ist.
Seine nächste Aussage ist zu verallgemeinernd und plakativ und damit ein Nullargument. „Was Freier tun, ähnelt einer Vergewaltigung. Es darf nicht gesellschaftstauglich sein, es ist menschenunwürdig“ sagt Broich. Die Frage ist zunächst was „ähnelt einer Vergewaltigung“ meint. Entweder, es handelt sich um einvernehmlichen Sex, oder nicht. Generell kann es beide Möglichkeiten geben, Prostitution schließt beides nicht aus. Während ersteres vermutlich gesellschaftlich nicht toleriert wird, gibt er kein Argument an, warum das zweite ebenfalls nicht gut geheißen werden sollte und menschenunwürdig ist.
Das Argument der sexuellen Freiheit lässt er nicht gelten, und zwar weil Prostitution nicht auf gegenseitiger Lust basiert. Dies impliziert zunächst, dass sexuelle Freiheit nur dann gegeben ist, wenn Lust (auf Seiten aller Beteiligten) im Spiel ist. Er führt aus, dass die Freiheit verloren geht „sobald Geld eine Rolle spielt„, was primär unabhängig von Lust zu sehen ist. Sexuelle Freiheit kann auf vielen Wegen verloren gehen, nicht nur wegen Geld. Broich meint weiterhin, dass die „Macht des Mannes über den Frauenkörper“ ein zentraler Bestandteil von Prostitution ist. Er gibt keien Quellen hierfür an, ich würde aber bezweifeln, dass das ein Motiv für einen Großteil der Prostition ist, da die Lust (die er ja gutheißt) ein Trieb ist der nicht primär mit Macht verbunden ist (natürlich kann das auch der Fall sein, wie Millionen Hausfrauen die Shades of Grey gelesen haben, wissen). Die Zéromachos tolerieren nur Sex auf Augenhöhe. Dies kann auch bei Prostitution stattfinden. Insgesamt scheint Hans Broich also eine sehr eingeschränkte Wahrnehmung von Sexualität zu haben.
Wie das bei Lobbykämpfen so ist, gibt es auch Befürworter der Prostitution in der Gegenlobby. Dieser spricht er die Glaubwürdigkeit ab, mit der einzigen Begründung sie würden als Bordellbetreiberinnen von der Ausbeutung anderer Profitieren. Mit demselben Argument ist jeder Arbeitgeber unglaubwürdig! Er führt an, dass es Berichte von Aussteigerinnen gibt, die Therapien benötigen. Das stimmt vermutlich, aber die Angabe von Einzelquellen ist als Datenbasis nicht tauglich. Ich wäre sehr an einer Erhebung interessiert, die diese Zusammenhänge genauer untersucht, insbesondere auch ob es freiwilligen Prostitiuerten besser geht als Zwangsprostituierten.
Die Aussage „Es liegt doch auf der Hand, dass die vielen jungen Frauen aus Osteuropa, die kein Wort Deutsch reden, nicht freiwillig im Bordell sind“ empfindet er als Argument. Dass Zwangsprostitution nicht freiwillig passiert ist klar, das sagt auch der Name bereits aus. Es wäre besser diese zu bekämpfen, anstatt hier von Auf-der-Hand-Liegen zu sprechen. Wenn das „Offensichtlich“-Argument gebracht wird, sollte man immer besonders scharf prüfen! Warum sollte das auf der Hand liegen? Die Tatsache, dass sie kein Wort Deutsch reden impliziert nichts, das trifft auf viele Migranten zu, selbst in der 3. Generation noch. Dass sie aus Osteuropa kommen? Ebenfalls nicht. Die Zustände in Osteuropa dürften schlechter sein, als in Deutschland. Womöglich denken sich einige Frauen „Wenn ich schon als Prostituierte arbeite, dann doch lieber in Deutschland, als in Weißrussland“?
Darüber hinaus sei ein Bordell „kein Ort der Freude, sondern der Sklaverei. Fast alle Prostituierten würden sofort aussteigen, wenn sie anders Geld verdienen könnten.“ Für die meisten Menschen dürfte Arbeit generell Sklaverei sein. Ziemlich offensichtlich für die tatsächliche Sklaven- und Kinderarbeit, z.B. in T-Shirt-Fabriken in Bangladesh, aber tatsächlich wohl auch hier. Selbst ich würde aussteigen, dabei habe ich studiert was mir Spaß macht und habe einen Job, den ich gern mache. Aber mal ernsthaft, wenn ich die Wahl hätte: jeden Morgen um 8 Uhr aufstehen muss nicht sein und 8 Stunden am Tag brauch ich das eigentlich auch nicht. Dann nur 28 Tage Urlaub im Jahr und am Ende hat man auch nicht genug verdient um reich zu werden. Da würde ich auch aussteigen. Und was die Putzfrauen hier in der Uni auf den Klos erleben ist imho auch hochgradig Menschenverachtend. Dabei sollen doch alle hier gebildete Leute mit Abitur oder höheren Abschlüssen sein
„Körper ist kein Verbrauchsgegenstand“ fasst er das zusammen. Die Frage hier: wird der Körper verbraucht? Wird er stärker verbraucht als, sagen wir mal, der Körper eines Fliesenlegers? Wer erhält mehr pro Stunde dafür, dass er mit erst mit 67 Rente erhält und dann ein Wrack ist?
Dass die Mehrheit der Prostituierten schon Missbrauch und Gewalt in der Kindheit erlebt hat hat nichts mit dem Thema zu tun. Schon eher die Tatsache, dass sie beim Anschaffen vergewaltigt worden sind. Dies ist nun aber eine Straftat, die verfolgt gehört. Es ist Fraglich ob ein Verbot des Freiens helfen würde. Was in Hinterhöfen von Zuhälterringen passiert wird mit geringer Wahrscheinlichkeit angezeigt und im Zweifel würde vermutlich eine nicht-prostituierte vergewaltigt. Er fordert, dass die Gesellschaft die Frauen nicht im Stich lassen soll, was völlig korrekt ist. Inwieweit das von ihm geforderte Verbot hier tatsächlich hilft und nicht bloß eine „Wir haben was getan, nun haben wir unser Gewissen beruhigt“-Vogel-Strauß-Taktik ist, bleibt er schuldig.
Das natürlich sofort kommende Argument, dass sich die Prostitution in den Untergrund bewegt, schafft er nicht zu entkräften. Die Probleme mit Menschenhandel, die er anführt, werden nicht weniger werden. Die Angst vor Strafe würde die Nachfrage verringern, wie in Schweden. Hier gibt er leider keine Hinweise, ob vielleicht nur der harmlose, legale Teil der Prostitution verschwunden ist und der illegale auf Menschenhandel basierte Teil geblieben ist. In Schweden erstatten Nachbarn und Hotels anzeige (oder: sollen?), wenn sie was verdächtiges merken. Mit der hier propagierten Blockwart-Mentalität, die Denunziation gutheißt, zeigt er seine anti-liberale und ins Faschistoide gleitende Einstellung am deutlichsten. Ähnliches sind wir ja sonst eher von den Grünen gewohnt. Das Verhalten passt aber leider zu den laut schreienden Minderheiten, die für sich Meinungshoheit beanspruchen.
Es bleibt die Frage, ob die Möglichkeit der Anzeige von Freiern weil sie sich ja strafbar machten, etwas bringt. Warum sollte eine Prostituierte einen Freier anzeigen? Vermutlich am ehesten wenn sie misshandelt oder vergewaltigt wird. Das kann sie auch heute schon tun. Wenn das nicht geschieht, dann doch wohl weil zu viel Angst vor den Zuhältern da ist. Das kann sich doch bei in die Illegalität getriebener Prostitution gar nicht verändern! Im Notfall werden aufmüpfige Frauen einfach umgebracht. Eine Menschenschlepper-Mafia, die illegale Bordelle betreibt, wird sich doch nicht von sowas abhalten lassen.
Er schließt mit der Verbindung zur Organisation Femen, deren Aktionen ich oftmals ganz gut finde. „Es gibt kein Grundrecht auf Sex“ fordert Broich mit ihnen gemeinsam. Zunächst mal gibts das gar nicht, die Existenz von Prostitution ist nicht äquivalent zu einem Grundrecht. Außerdem ist es eine schwierige Aussage. Wenn Sex eine weitere Person einschließt ist es kein Grundrecht, schließlich darf man die sexuelle Selbstbestimmung der anderen Person nicht einschränken. Mit der Einführung von virtuellen Sexualpartnern wird sich das wohl auch erledigen. Der Wunsch nach Sex ist aber auch ein Trieb, der nach Erfüllung schreit. Man kann versuchen, den Trieb zu unterdrücken. Es gibt Leute, die das propagieren, die jedoch manchmal beim Anblick von Messdienern Schwäche zeigen. Das ist wohl auch der Grund, warum Prostitution als ältestes Gewerbe bezeichnet wird. Es gibt sie und man kann sie nicht verhindern.
tl;dr
Hans Broich hat eine sehr eingeschränkte Sichtweise und vertritt die zur genüge bekannte Verbotsmentalität, die zur Zeit leider immer weiter um sich greift. Trotz anderweitiger Beteuerungen bekommt man den Eindruck, dass er keine Ahnung hat, wovon er schreibt. Er möchte seine Meinung zum allgemeinen Gesetz erheben, er sollte vielleicht nochmal bei Kant nachlesen
Natürlich ist es richtig, mehr Aufmerksamkeit auf Probleme bei Prostitution zu legen. Es gibt Probleme, mit illegalen Einwanderern, mit Zwang und Missbrauch. Wegschauen und Verbieten hilft nichts, hat noch nie geholfen. Al Capone lässt grüßen.
Viele seiner Argumente sind nur gegen diese vorhandenen Probleme gerichtet, sie ermöglichen keine schlüssige Ablehnung von Prostitution als solcher. Weiterhin sind seine Ansichten nicht nur auf die „offizielle“ Prostitution anwendbar. Seine Vergleiche zu bezahlten Leistungen treffen im Grunde auf die Ehe zu. Männer, die Frauen in teuren Szene-Clubs exquisite Drinks ausgeben um einen One-Night-Stand zu haben, machen nichts anderes. Und die Frauen auch nicht.
Die gegenteilige Ansicht wird komplett ausgeblendet. Reiche Frauen, die sich Männer halten, wie zum Beispiel Madonna mit ihren Toy-Boys. Das Thema ist sogar mittlerweile im Spießer-Mainstream angekommen: Martina Bönisch aus dem Dortmunder Tatort ist regelmäßiger Kunde eines Callboys. Ein schönes Beispiel hierfür ist auch der Film Paradies: Liebe, aber Vorsicht: er ist teilweise ziemlich hart!
Immerhin: Das Thema wird besprochen. Hoffentlich bald sachlicher.
Protest gegen Spionage nun auch in der NSA-Hochburg USA
Die Organisation Restore the Fourth ruft zu Wiederstand gegen die immer weiter um sich greifende Überwachung auf. Ihr Name bezieht sich dabei auf den vierten Zusatzartikel der US-Verfassung, in dem es heißt
The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be violated…
Ich kann nicht sagen, wie groß die Proteste der Amerikaner wirklich sind, Fleischhauer bei Spiegel-Online meint ja, dass es den meisten Amis egal wäre. Mal sehen wie sich das weiter entwickelt.
Zu den Unterstützern der Aktion zählen unter anderem die üblichen Verdächtigen wie 4chan, Reddit und DuckDuckGo aber auch Mozilla und die EFF und viele weitere.
Damsel in Distress
Gestern wurde die erste Folge von Anita Sarkeesians Doku-Serie Tropes vs. Women in Video Games veröffentlicht. Die Veröffentlichung über feministfrequncy legt nahe, dass es mal wieder aus feministischer Sicht gegen Sexismus geht.
Ich habe mir die erste Folge Damsel in Distress: Part 1 angesehen um zu sehen, was davon zu halten ist. Die Ankündigung auf Kickstarter hat sich jedenfalls interessant angehört.
Worum geht es? Anita Sarkeesian beschreibt ein Phänomen in Computerspielen, dass sie „Damsel in Distress“ nennt. Dabei geht es um den Fakt, dass ein weiblicher Charakter eingesperrt, gefangen, seiner Macht beraubt wird und von einem Helden befreit werden muss. Als berühmte Beispiele führt sie Peach (Toadstool), Daisy aus den Mario-Spielen und Zelda an.
Das und die weiteren Beispiele fand ich sehr interessant, ich finde Tropes ja generell interessant, auch in Filmen. Es macht auch Spaß, sie in Filmen zu suchen. Mit ihrer anschließenden Kritik übertreibt sie imho jedoch. Durch die wiederholte Verwendung würde der Eindruck gefördert, dass Frauen generell schwächer als Männer sind und sich nicht allein zur Wehr setzen können. Ich sehe das nicht so schwerwiegend. Generell sollte man ein Weltbild haben, das sich nicht zu 100% aus aufgenommenen Infos aus Filmen, Spielen und Büchern entstammt. Weiterhin sind die Szenarien ja nicht immer untypisch. Die Prinzessinnen sind ja nicht eigentlich wehrhafte Frauen, sondern eben Prinzessinnen. Marios erster Auftritt in Donkey Kong, dem er Pauline entreißen muss, fällt natürlich auch in die Kategorie. Dafür gibt’s aber mit der Donkey Kong: Pauliene Edition eine moderne Revanche.
Weiterhin kritisiert sie, dass in modernen Neuauflagen und Fortsetzungen das Prinzip nicht aufgegeben wird. Nun, in neuen Spielen darf das gern anders sein. Aber wenn die Prinzessin auf einmal Mario retten muss, möchte ich das nicht mehr spielen Zu den Neuauflagen: es handelt sich dabei teilweise um 1:1-Umsetzungen, in denen nur die Grafik verändert wurde.
Was mir etwas fehlte: mittlerweile gibt es ja bekanntermaßen starke weibliche Charaktere, wie zum Beispiel Lara Croft und Cate Archer (auch wenn es dabei natürlich andere Probleme gibt ;)). Doch auch früher gab es bereits die zahlreichen Frauen in Beat ’em ups wie Tekken (Anna, Nina, Julia, Ling Xiaoyu, etc) und Street Fighter (Chun-Li) und in den Rollenspielen. In den vielen Final-Fantasy-Teilen gab es zahlreiche weibliche Charaktere, darunter zum Beispiel Refia (FF3), Rinoa (FF8) Yuna, Lulu, Rikku (FFX) und Lightning (FF13). In Secret of Mana waren zwei der drei Hauptcharaktere weiblich und beide deutlich cooler als der „Held“. Ebenfalls in den 80ern wurden zwei berühmte Charaktere eingführt, die das Damsel-in-Distress-Thema auf den Kopf stellen: Samus Aran und Giana, die gerade erst ein neues Spiel spendiert bekommen hat. Ich könnte die Liste noch endlos fortsetzen, und das sind nur Spiele, die ich gespielt habe
In einer Sache muss ich Anita Sarkeesian jedoch zu 100% recht geben: das 1999 entwickelte Spiel Dinosaur Planet hätte wie geplant rauskommen sollen. Stattdessen haben wir nun ein Star Fox Adventures… Danke Miyamoto Naja, man kann ja nicht immer genial sein. Geschickterweise „vergisst“ sie auch noch, dass Krystal versucht die Prinzessin zu befreien. Aber sie sieht den Damsel-in-Distress-Trope nur erfüllt, wenn ein Mann eine Damsel rettet.
Hier noch die Szenen aus Dinosaur Planet:
Amoklauf in New York
Angesichts des Amoklaufs gestern in der Sandy-Hook-Schule hat Phönix die Doku Amokläufer im Visier (IMDB) erneut gezeigt. Der Film ist entstanden, als nach den Amokläufen in Erfurt (2002) und Emsdetten (2006) klar war, dass es sich hierbei nicht um ein rein amerikanisches Problem handelt.
Für ein Thema, das oftmals so populistisch und polemisch und inkompetent (leider) auch von den öffentlich-rechtlichen Sendern behandelt wird, ist Amokläufer im Visier erstaunlich gut recherchiert. Auch wenn ich nicht allen Aussagen zustimme, wurde immerhin nicht stupides Killerspiel-Bashing und die Suche nach kurzsichigen und einfachen Antworten in den Vordergrund gestellt.
Im Zusammenhang damit hier nochmal ein Text, den ich im März 2009 über die unsägliche Debatte nach dem Amoklauf von Winnenden verfasst habe. Damals hatte ich noch kein Blog, er ist in der Tageszeitung erschienen
Sobald eine solch schreckliche Tat wie ein Amoklauf in einer Schule stattfindet, beginnt sofort die Suche nach einem Sündenbock und mit sogenannten „Killerspielen“ ist ein solcher auch schnell gefunden.
Sofort sind diverse Jugendschützer, Elternverbände, Pädagogen und Politiker dabei mit Forderungen nach einem Verbot. Genauso groß ist selbstverständlich die Aufregung innerhalb der Spielergemeinschaft über etwaige Verbote. Diskussionen finden jedoch nicht zwischen den beteiligten Gruppen statt, sondern nur innerhalb dieser Gruppen, man kann auch schon fast von einem Generationenkonflikt sprechen. Die einzelnen Gruppen wollen sich gar nicht verstehen, zusätzlich sind Äußerungen auf beiden Seiten stark von Emotionen geprägt und polemisch, oftmals entbehren Aussagen von „Killerspiel“-Gegnern jeder Grundlage. Dies trifft z. B. auf die Aussage zu, dass Counterstrike für das amerikanische Militär entwickelt worden ist. Das stimmt so nicht, Counter-Strike wurde als Erweiterung des Spieles Half-Life von Fans in Eigenregie entwickelt und als es eine große Fanbasis hatte schließlich kommerziell vermarktet. Tatsächlich gibt es einen von der U.S. Army entwickelten Ego-Shooter, der bezeichnenderweise auch America's Army heißt und zu Werbezwecken benutzt wird.
Häufig wird auch (bereits bei früheren Amokläufen) erwähnt, dass solche Spiele keine Gewalttätigkeit auslassen, dass Menschen verstümmelt werden o. Ä. Tatsächlich gibt es in anderen Ländern deutlich gewalttätigere Spiele als Counterstrike, in Deutschland sind solche jedoch nicht zugelassen, da es hier bereits die restriktivste Gesetzgebung gibt. Bezeichnenderweise gibt der Rechtsexperte und Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach zu, dass er sich nicht mit solchen Spielen beschäftigen müsse, um darüber Urteilen zu können. So setzt er weithin Lügen in die Welt und jeder mag sich selbst ein Urteil über sein Demokratieverständnis und seine Auffassung der Tätigkeiten und Pflichten eines MdBs bilden.
Tatächlich gibt es beim Vorschlag, zumindest in Deutschland mit dem Verbot von „Killerspielen“ zu beginnen, mehrere Probleme. In der Zeit nicht nur der ökonomischen Globalisierung, sondern auch der Vernetzung der Information und des Datenzugriffs, ist es ohne Probleme möglich, verbotene Spiele im benachbarten Ausland zu bestellen oder im Internet herunterzuladen und ich gehöre sicherlich nicht zu einer Randgruppe, wenn ich über solche Möglichkeiten Bescheid weiß. Bei aufbauenden Unternehmungen wie dem Klimaschutz mag es möglich sein, als Vorreiter einzutreten, bei Restriktionen bringt es hingegen wenig.
Gleichzeitig wird ein Wirtschaftszweig in Deutschland enorm Geschädigt, Spiele wie FarCry wurden und werden in Deutschland entwickelt. Darüber hinaus wird die Gruppe der Spieler solcher Spiele in die Illegalität abgedrängt. Dass solche Unternehmungen keinen Erfolg haben, dürfte in der Geschichte bei diversen Verbotsaktionen hinreichend bekannt sein.
Als wichtigstes Argument sehe ich jedoch an, dass über den Einfluss von Computerspielen überhaupt nichts mit Sicherheit bekannt ist. Fest steht bisher nur, dass es überhaupt einen Einfluss gibt. Jede Seite kann hinreichend Studien vorweisen, die ihre Meinung belegen. Es gibt mehrere Ansätze, z. B. dass aggressive Computerspiele die Aggressionsbereitschaft fördern, jedoch auch solche die Behaupten sie würden Angst erzeugen und die Aggressionsbereitschaft hemmen. Darüber hinaus können sie nach weiteren Theorien abstumpfend und schließlich auch noch Aggressionsbereitschaft mindern. Diese Vielfalt bisher ungeklärter Ansätze kann uns nur eines sagen: dass es keine einfache monokausale Erklärung für die Wirkung gewalttätiger Computerspiele gibt.
Allgemein haben Computerspiele nur einen kleinen Anteil an Amokläufen. Ein großer Teil der Amokläufer hat regelmäßigen Umgang mit Waffen und teilweise erhebliche Probleme mit ihrer Umwelt oder in der Schule.
Unsere gesamte Gesellschaft ist von Gewalt geprägt. Das beginnt damit, dass im Fernsehen sowohl in fiktiven Filmen als auch in den Nachrichten regelmäßig brutalste Gewalt präsentiert wird. Aber auch wenn wir von der „Ellenbogengesellschaft“ sprechen, sehen wir die Gewalt im ganzen System. Man kann schnell als „Opfer“ abgestempelt werden, wird gemieden oder gemobbt, jeder versucht einen noch tiefer stehenden zu finden, um sich über ihn zu erheben.
In Anbetracht dieser Umstände kann es meiner Meinung nach keinen positiven Effekt auf die Prävention haben, wenn „Killerspiele“ verboten werden.
Ein ebenfalls sehr guter Text über das Problem ist Die Gewalt in der Maschine, der bereits 2000 in der c’t erschienen ist.
Totensonntag nervt!
Man lernt nie aus.
Heute ist Totensonntag. Das wusste ich bereits. Also, dass exakt heute Totensonntag ist, habe ich zufällig mitbekommen. Aber auch, dass es den Tag generell gibt, hab ich schonmal gehört. Letztens lernte ich sogar, dass man erst nachher die Weihnachtsbeleuchtung anmachen „darf“.
Neu, und nervig, ist aber vor allem die Erkenntnis, dass es so ein Verbots-Tag ist. Wie Karfreitag. Das hat dann zur Folge, dass es keinen Flohmarkt gibt. Wtf??? Während der Karfreitag immerhin noch einen Nutzen hat, schließlich ist der Freitag ja frei, ist es völlig sinnlos den Kram an einem Sonntag zu veranstalten.
Da ich mich ja nicht lumpen lassen will und als „Nichtwisser“ sterben will, habe ich Wikipedia gefragt, und herausgefunden, dass es ein evangelischer Feiertag is und auch noch von einem Preußen eingeführt worden ist. Trotzdem veranstaltet Bayern ebenfalls eine Verbotsorgie Die Bayern sind aber auch einiges in dieser Hinsicht gewohnt. Blöd ist halt nur, dass Berlin da mitmacht. Da hofft man schon, hier um von sowas verschont zu werden, und dann das. Und als ob das nicht genug wäre, ist weder Allerheiligen noch der Reformationstag ein Feiertag ^^